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Akkordeon Artikel


WER WAR DER ERSTE?

Verfaßt von:
Unbekannt
 

Veröffentlichung:

Accordion News
 

Verfaßt am:

August 1935


Wer war der Erste? Pietro Deiro und Guido Deiro: Beide Pioneere des Pianoakkordeons in Amerika und beide uneins darüber, wann und wo sie ihre frühen Auftritte hatten.

Guido versichert, daß er 1910 als Erster das Pianoakkordeon auf die Bühne brachte, am The American Theatre in San Francisco. Pietro versichert, daß er zum ersten Mal das Klavierakkordeon 1907 am Washington Square Theatre in San Francisco spielte, und daß seines das erste Instrument mit Klaviertastatur war, das in Amerika hergestellt und der amerikanischen Öffentlichkeit vorgeführt wurde.

Guido und Pietro haben jeder für sich eine große Gefolgschaft in der Welt des Akkordeon, und ihre sich gegenüber stehenden Ansprüche haben die Akkordeonisten in zwei streitlustige Lager gespalten. Beide führen Beweise an, die ihre jeweiligen Aussagen unterstützen, und Accordion News bietet seinen Zeitschriftenplatz jedem aufrichtig an, der erhellendes Informationsmaterial hat, das dazu betragen kann, die Geschichte des Akkordeons zu dokumentieren. Guido hat noch keine direkte Erklärung an die Akkordeon News abgegeben, und so können sich dieses Magazin und seine Leser noch keine Meinung bilden bis alle Fakten als wahr bestätigt wurden.

Der wohl bekannte Santo Santucci, von Lyon & Healy, Inc., Chicago, sagt

Da ich einer der ersten Akkordeonspieler überhaupt bin, die dieses Instrument in den United States und im Ausland auf die Bühne gebracht haben, und ich unwiderlegbare Beweise habe über das was ich im Folgenden schreiben werde, empfinde ich es als meine Pflicht als Ehrenmann, die Aussage zu korrigieren, die von einem Sprecher auf der Versammlung der National Association of Music Merchants, veranstaltet im Steven´s Hotel in Chicago, gehalten wurde. Der Sprecher ist mir unbekannt, aber es ist offensichtlich, daß er neu auf dem Akkordeongebiet und mit Sicherheit falsch informiert ist.

Ich möchte die Aussage berichtigen, daß Pietro Deiro der erste Spieler war, der das Pianoakkordeon auf die Bühne brachte. Dies ist eine Unwahrheit, wie alle wissen, die die wahren Fakten kennen.

Guido Deiro, der ältere der Deiros, hat als Erster das Pianoakkordeon auf der Bühne eingeführt. Man schrieb das Jahr 1910, und der Ort was das American Theatre in San Francisco, California. Guido Deiro bekam den Titel „der erste Pianoakkordeonist" in Anerkennung seiner Vorrangstellung. Guido Deiro war zudem der Erste, der „Victor" Aufnahmen machte. Wenn ich mich richtig erinnere, wurde diese Ehre ebenso durch den unbekannten Sprecher fälschlicher Weise Pietro Deiro zugewiesen.

Ich glaube, daß es nur fair ist, den anzuerkennen, dem es auch zusteht, und ich vertraue auf die Ehrbarkeit der Akkordeon News, daß sie diesen Brief veröffentlichen. Pietro Deiro und Guido Deiro sind Freunde von mir, und aus diesem Grund fühle ich mich verpflichtet, diese Zeilen zu schreiben. Die Wahrheit wird Niemandem weh tun."

(Anmerkung des Herausgebers: Es wird angenommen, daß es sich bei dem Sprecher, auf den hier verwiesen wurde, um George M. Bundy, Präsident der Accordiana, Inc. und Sekretär der Excelsior Accordion Mfg. Company handelt. Er stellte Petro Deiro bei dem ersten der beiden Konzerte, die im Steven's Hotel in Chicago während der erst kürzlich stattgefundenen Music Trade Convention gegeben wurden.)

Santo Santucci repräsentiert zweifellos die Meinung von hunderten von Akkordeonisten in Chicago und anderen Städten in den Staaten im Westen, und Accordion News räumt gerne Platz für Ansichten derjeniger ein, die offensichtlich die Ansichten eines großen Kerns von Akkordeonspielern repräsentieren und wahrscheinlich sogar die von Guido Deiro selber sind.

Der Chicago Korrespondent der Accordion News, Andy Rizzo, eine talentierter und aktiver junger Akkordeonspieler und anerkannter Lehrer, nimmt den Faden der Geschichte an dieser Stelle auf und berichtet:

„Hochgejubelt von den Akkordeonisten von Chicago, verließ Guido Deiro, nach über einem Monat Aufenthalt, unsere Stadt am 26. Juli in Richtung Westen und Nordwesten, begleitet von den besten Wünschen all seiner alten und neuen Freunde.

Wie die Leser dieses Magazins wissen, kam Guido Deiro nach Chicago, um einen Vertrag mit der Italo-American Accordion Mfg. Co. zu unterzeichnen, der ihm alle Staaten an der Pazifischen Küste und British Columbia in Kanada als seinen alleinigen Verkaufsbereich für Italo-Amerikanische Instrumente zugesteht. Mr Deiro nahm als ein Vorführer dieser Akkordeons an der Versammlung der National Association of Music Merchants in Chicago teil.

Am 25. Juli wurde auf Initiative der zuvor erwähnten Gesellschaft, zu Ehren von Guido Deiro ein Bankett gegeben, an dem Akkordeonisten, Hersteller, Händler von Musikinstrumenten, Musikliebhaber und persönliche Freunde des Ehrengastes teilnahmen.

Guido Deiro muß Niemandem vorgestellt werden. Er, der das Pianoakkordeon zuerst als „ein Solo" Instrument auf der Bühne einführte, hat sich selber auf dem Bankett vorgestellt, indem er sein abenteuerliches Leben skizzenhaft darlegte und die Tatsache erwähnte, daß er nicht nur das Pianoakkordeon auf der Bühne einführte, sondern auch der Erste war, der das Instrument über das Radio, Konzerte, Schallplatten und das Vitaphon an den Zuhörer brachte. Dieser Teil seiner Rede fand durch Santo Santucci Zustimmung, seinem alten Freund, der weiß, daß all dies nicht weniger als die reine Wahrheit ist, und der sich bitterlich darüber beklagte, daß in manchen Kreisen Mr Deiro vorsätzlich die vollständige Anerkennung verweigert wird.

Guido Deiro ist ein ausgezeichneter Sprecher, aber es muß eingestanden werden, daß er ein besserer Pianoakkordeonspieler ist. Man applaudierte ihm für seine Rede, aber bewundert und geliebt wird der große Künstler für sein Spielen. Er spielte auf seinem neuen 'Guido Deiro Italotone', das gerade frisch aus der Herstellung kam. Santo Santucci und sein Sohn Nick spielten nach Guido Deiro, und auch sie hatten ihren Anteil am Applaus, von dem keiner mehr von Herzen kam, als von Mr. Deiro selber, der seinen Freund Santucci umarmte.

Der Erfolg des Banketts wurde durch die Anwesenheit der führenden Akkordeonisten von Chicago gewährleistet, darunter Mario DeBiase und Walter Litus - 'die zwei Unzertrennlichen' wie sie um Chicago herum genannt werden, unserer Korrespondent (Andy Rizzo) und viele Andere. Hersteller von Pianoakkordeons und Händler von Musikinstrumenten waren auch anwesend: Die Herren Petromilli, Peatenesi und Roscianani der Italo-American Accordion Co., die Herren Keenlez und Parker der Lyon & Healy Co., Inc., etc. Frau Litus muß ebenso erwähnt werden da sie die einzige anwesende Dame und somit das Zentrum des Fests darstellte."

Guido Deiro's Karriere als Akkordeonspieler trotzt nur so von Fakten und Aktivitäten, die über die Zeit hinweg an starkem öffentlichen Interesse gewonnen haben. Als das Variete sehr in Mode war, lebte Guido Deiro mit Mae West zusammen, einer inzwischen berühmt gewordenen Filmschauspielerin. Es war schon immer so, daß Frauen eine wichtige und inspirierende Rolle in Guido's künstlerischem Leben spielten. Accordion News würde sich darüber freuen, wenn Frau West irgendwelche Beweise liefern könnte, die den zwiespältigen Anspruch unterstützten, daß Guido Deiro der erste Spieler war der das Pianoakkordeon in Amerika auf der Bühne einführte.

Dank eines ehemaligen Loew Circuit Managers, der Buchungen für Mae West und Guido machte, als sie die berühmte Vereinbarung trafen, nicht ohne den Anderen zu erscheinen, ist Akkordeon News im Besitz von zwei Photographien von Mae West, die aus dieser Zeit stammen und deren Wert und illustrative Wichtigkeit daher nicht zu überschätzen ist. Die Photographien wurden ungefähr vor zwanzig Jahren in den Mecca Studios in Indianapolis aufgenommen.

Unser Informant sagt, daß Mae West's Rolle in den Aufführungen war, zu singen und forsche Geschichten und Witze zu erzählen. Es ist von Interesse für die Akkordeon News Leser zu wissen, daß Mae West ein Akkordeon besaß, das Pietro Deiro ihr lieh und Frau Pietro Deiro gehörte. Angeblich konnte Mae West das Instrument nicht spielen, so daß sie vorgab zu spielen, während Guido Deiro hinter der Kulisse die wirkliche Musik lieferte.

Nach jedem Spiel und in Antwort auf den Applaus öffnete Mae den Akkordeonkasten und erzeugte einen seltsamen, unharmonischen Ton während sie sich verbeugte. Als ihr Akkordeon schließlich verschwand, beanspruchte es Pietro Deiro wieder für sich nachdem er es in einem Pfandhaus wiederfand.

Guido und Mae waren zu dieser Zeit die verwöhnten Stars der Varieté Bühne, ebenso wie Pietro Deiro. Pietro bekam für mehr als vier Hundert Dollar in der Woche Engagements. Guido und Mae lebten über einen Zeitraum von ungefähr vier Jahren zusammen - ein Rekord für Guido. Gewöhnlich dauerten seine Beziehungen nie so lange!

Von einem Photo von Pietro Deiro wird behauptet, daß es vor 27 Jahren aufgenommen wurde. Es zeigt das erste Pianoakkordeon, das in Amerika von Pascuale Petromilli (bekannt unter dem Namen Guerrini) hergestellt wurde und das erste Mal von Pietro im Washington Square Theatre in San Francisco gespielt wurde. Finau Pietenesi fertigte die Dekorationen an dem Kasten an, Anthony Petromilli, der Bruder von Pascuale Petromilli (kürzlich verstorben) stellte die Durchlagszungen her. Ein andere Piatenesi, zur Zeit in Zusammenarbeit mit der Colombo Accordion Company von San Francisco, fertigte die Tastatur an. Diese Herren sollten sich daran erinnern, wann sie das Akkordeon herstellten, da die Herstellung dieses Instruments nicht einfach war. Es wurde drei mal „umgebaut", zuerst mit zwei oder drei Sets von Durchschlagszungen spielend und später mit Sets von drei oder vier Durchschlagszungen und mit einem Schalter der sich hinter dem Rahmen de Tripel-Tastatur befand. Auf dem Photo ist zu erkennen, daß die Tripel-Tastatur 42 statt der jetzt in Mode 41 Tasten hatte - die zusätzliche Taste war das E auf der unteren Oktave. Es gab nur 108 Baßdruckknöpfe.

Pietro Deiro sagt:

Es ist sehr schade, daß ich keine Programme von der Premiere meiner Akkordeonaufführung vor 27 Jahren im Washington Square Theatre in San Francisco habe. Zu der Zeit war es noch nicht üblich, Programme für diese Art von Varieté Veranstaltungen herauszugeben. Solch ein Programm würde ein für alle mal mit großer Sicherheit Zweifel über Daten und falsche Interpretationen ausräumen, aber wir können die Vergangenheit nicht zurückholen, um uns ein Theaterprogramm zu beschaffen, das dokumentarische Daten zur Geschichte des Pianoakkordeons liefert. Sollte Jemand zufällig im Besitz eines gedruckten Beweises einer meiner späteren Aufführungen sein, die nicht später als ein Jahr danach stattfanden, wäre ich sehr dankbar, diesen Beweis zu erhalten.

Woran ich mich sehr genau erinnere ist, daß es in der ersten Nacht als ich in San Francisco Akkordeon spielte schon Herbst gewesen sein muß. Es regnete sehr stark, einer der heftigen Herbstregen an der Küste. Ich spielte zusammen mit einem Gitarristen, und während wir auf der Bühne aufführten, verklemmte sich einer der Baßbuttons. Ich konnte nicht weiter spielen, und der Gitarrist mußte alleine fortsetzen. Wir hatten auch einen Sänger bei uns, und ich erinnere mich noch an diese Einzelheit: Anthony Petromilli war im Publikum, erkannte das Dilemma in dem ich mich befand und kam hinter die Bühne gerannt, mit einem Schraubenzieher in der Hand. Es wurde dann klar, daß ein neues Zusatzteil von Nöten war, das die Bässe davon abhielt ganz hinein gedrückt zu werden, um eine Wiederholung solch einer peinlichen Situation zu vermeiden.

Mein Bruder Guido war noch nicht in Amerika. Er war noch in Italien. Ich schickt ihm sein Ticket ein Jahr nach dieser Aufführung. Mein Bruder hatte zu der Zeit meiner ersten Vorführung des Pianoakkordeons noch gar nicht in San Francisco spielen können, da ich ihm das Geld für seine Reise noch nicht geschickt hatte. Ich möchte es klar darstellen, daß ich in Anspruch nehme, daß das erste Pianoakkordeon, das in Amerika hergestellt und der amerikanischen Öfftentlichkeit vorgeführte wurde, für mich gemacht und von mir gespielt wurde.

Das Pianoakkordeon gehörte, bevor es in Amerika eingeführt wurde, nach Italien. Ich erinnere mich auch noch sehr genau daran, daß ich meinen Bruder Guido auf der Amerikanischen Bühne vorstellte, und ich einmal vier Dollar für einen gebrauchten vollständigen Abendanzug für Guido (in Seattle) bezahlte; Guido sollte mit mir in San Francisco aufzutreten.

Wir spielten zusammen und teilten den enormen Erfolg. Guido wurde sehr schnell beliebt, besonders unter den Kellnern aufgrund seiner großen und protzigen Trinkgelder. Einige Jahre später in New York gingen Mae West, Guido und Ich zum Abendessen zum old Gilette's Restaurant. Nach dem Essen hinterließ mein Bruder ein Trinkgeld von zwei Dollar auf dem Tisch. Als er aufstand um zu gehen, nahm ich einen der Dollar und teilte ihn später mit Mae West. Dies wurde bei uns zur Gewohnheit.

Ich schulde es der Öffentlichkeit und meinem Respekt vor Aufrichtigkeit, diese Umstände weiterzugeben, die auf eine überzeugende Weise darstellen, daß der Erzähler die großen Ereignisse, die den Diskussionsmittelpunkt umgeben, miterlebt hat."

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